Vorbemerkung:
Die Neue Liberale Fraktion Harburg ist sich der dringenden Notwendigkeit bewusst, dass Hamburg in kurzer Zeit viele Einrichtungsplätze für Flüchtlinge schaffen muss, um den Flüchtlingsströmen gerecht zu werden.
Es ist unsere rechtliche und vor allem auch moralische Verantwortung, etwa Flüchtlinge aus Bürgerkriegsgebieten und politisch Verfolgte bei uns aufzunehmen.
Kritisch ist anzumerken, dass dieses Anhörungsverfahren offenbar lediglich pro forma durchgeführt wird. Zwar hat die Fachbehörde sich dazu durchgerungen, die zunächst nicht ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung zumindest nachzuholen. Dies geschah vermutlich jedoch vor allem deshalb, um die Rechtmäßigkeit des Verfahrens im Falle einer Klage sicherzustellen.
Wir haben deshalb erhebliche Zweifel an ihrer Ernsthaftigkeit der Anhörung.
Im Anhörungsschreiben vom 22.01.2016 war zudem unklar geblieben, ob bereits jetzt eine Anhörung bezogen auf alle drei vorgesehenen Bauabschnitte erfolgt, oder sich die Anhörung auf einen oder zwei Bauabschnitte beschränkt. Die Fachbehörde hat jedoch inzwischen unmissverständlich klargestellt, dass die Anhörung sich auf alle drei Bauabschnitte bezieht und damit die Größenordnung von bis zu 3000 Plätzen insgesamt in Rede steht
Dies vorausgeschickt nimmt die Fraktion Neue Liberale Harburg wie folgt Stellung:
Wir lehnen eine öffentlich-rechtliche Unterbringung in der geplanten Größenordnung für bis zu 3000 Personen an der Straße Am Aschenland ab.
Die Neue Liberale Fraktion Harburg steht für eine integrationsfördernde und sozialverträgliche Unterbringung von Flüchtlingen. Das kann nur gelingen, wenn den Menschen dezentrale, überschaubare Wohneinheiten, verteilt über das gesamte Stadtgebiet zur Verfügung stehen.
Akzeptanz und eine unterstützende Haltung von Anwohnern muss durch gute Rahmenbedingungen gefördert werden.
Hier wird leider das Gegenteil getan. Die hier geplante Unterkunft ist mit bis zu 3000 Plätzen deutlich zu groß, um eine vernünftige Integration der Menschen zu ermöglichen. Es besteht im Falle der Realisierung die Gefahr einer „Ghettoisierung“ mit erheblichen sozialen Folgeproblemen im Stadtteil. Dies gilt es dringend zu vermeiden.
Wir vermissen nach wie vor das ernsthafte Bemühen der Fachbehörde mehr Behutsamkeit bei der Errichtung von Flüchtlingsunterkünften walten zu lassen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Größe der Einrichtungen.
Im Laufe des Anhörungsverfahrens- insbesondere während der Sitzung des jüngsten Ausschusses für Soziales, Bildung und Integration der BV Harburg- hat sich ergeben, dass eine Bebauung des Areals in drei Bauabschnitten erfolgen soll und sich die Nutzung des Gesamtareals noch längere Zeit hinzieht. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts mit 700 Plätzen ist demnach erst für den Herbst 2016 vorgesehen. Die anderen Bauabschnitte sollen erst später folgen.
Da damit ein erheblicher zeitlicher Vorlauf verbunden ist, bleibt letztlich auch die Zeit nach alternativen Standorten zu suchen, die es ermöglichst eine Unterbringung der geplanten Größenordnung zu vermeiden.
Wir sind der Auffassung, dass alle Möglichkeiten genutzt werden sollten, den Forderungen vieler Menschen im Stadtteil entgegen zu kommen und die Anzahl der Plätze auf höchstens 1500 für den Standort am Aschenland zu beschränken.
Die Neue Liberale Fraktion Harburg bewertet es als widersprüchlich, wenn – wie hier- einerseits bereits jetzt eine Zustimmung für bis zu 3000 Plätzen als unverzichtbar dargestellt wird, anderseits aber ein langer zeitlicher Vorlauf für die Umsetzung vorgesehen ist. Die Zwischenzeit sollte dringend dafür genutzt werden, nach weiteren Alternativen zu suchen und auf den geplanten dritten Bauabschnitt und Teile des 2. Bauabschnitts bei der Flüchtlingsunterbringung gänzlich zu verzichten.
Gute Rahmenbedingungen insbesondere für Kinder in den Einrichtungen sind sicherzustellen. Der pauschale Personalschlüssel (1:80 für Unterkunft und Sozialmanagement) ist im Hinblick auf die konkreten Bedarfe vor Ort zu hinterfragen.
Wir erwarten in jedem Fall, dass sowohl für die Nachbarschaft als auch für die Flüchtlinge stets ein örtlicher Ansprechpartner in Sicherheitsfragen im Falle von Konflikten zur Verfügung steht. Ein solcher Präsenzdienst hat Tag und Nacht durchgehend erreichbar zu sein.
Im Hinblick auf die ohnehin bereits angespannte Lage der ärztlichen Versorgung im Süderelberaum sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, diese Situation zu verbessern. Wir befürchten, dass infolge massiven Zuzugs von Flüchtlingen viel zu wenig Ärzte zur Verfügung stehen.
Sollte nicht zeitnah ein gangbarer Weg über die Kassenärztliche Vereinigung gefunden werden können, sind notfalls unkonventionelle Wege der Gesundheitsversorgung zu beschreiten. So ist zu prüfen, inwieweit der grundsätzlich für Gesundheitsprävention zuständige Öffentliche Gesundheitsdienst ausnahmsweise ärztliches Personal für die Versorgung der Flüchtlinge im Rahmen eines Sonderrechts oder aufgrund des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes bereitstellen könnte. Gegebenenfalls sind Gesetzesänderungen durchzuführen, die es der Verwaltung erlauben, angestellte Ärzte vor Ort zu beschäftigen. Als bestehende gesetzliche Grundlage kommt § 2 Abs. 3 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Hamburg in Betracht. Dort heißt es: Der Öffentliche Gesundheitsdienst bietet im Zusammenwirken mit den vorrangig zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung Verpflichteten neben Angeboten der Vorsorge und der Verhütung von Krankheiten auch Möglichkeiten zur Heilung, Linderung oder Besserung von Krankheitsbeschwerden an, wenn und soweit dies nicht durch andere an der gesundheitlichen Versorgung Beteiligten gewährleistet ist. 2 Hierzu schließt der Öffentliche Gesundheitsdienst Vereinbarungen mit den Kosten- und Leistungsträgern.
Wir erwarten, dass dieser aufgezeigte alternative Weg der Gesundheitsversorgung im Bedarfsfalle konsequent gegangen wird.
Keinesfalls darf die durchaus vorhandenen ehrenamtliche Unterstützung zahlreicher Bürgerinnen und Bürger dazu führen, dass Unterkünfte zu groß geplant werden. Nur kleinere soziale Einheiten bieten die Gewähr für genügend Kontakte und guter Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Nachbarschaft. Akzeptanz schaffen statt Ängste zu provozieren muss die konsequente Leitlinie sein.
Wir erwarten, dass Bezirk und Senat frühzeitig alternative Orte für Öffentliche Unterkünfte identifizieren.
Dabei ist es für uns selbstverständlich, dass der Bezirk Harburg weiterhin seinen Anteil leistet, Flüchtlingen eine menschenwürdige Unterkunft zu bieten.
Jedoch muss auf eine angemessene Verteilung der Flüchtlingsunterkünfte auf die Bezirke, die einzelnen Stadtteile und die jeweiligen Sozialräume geachtet werden.
Der Anteil an Flüchtlingsunterkünften im Bezirk Harburg ist derzeit bezogen auf Einwohnerzahl und Sozialstruktur des Bezirks im Verhältnis zu den anderen Bezirken überdurchschnittlich.
Eine gleichmäßigere Verteilung im Stadtgebiet insgesamt ist unter Berücksichtigung von Sozialdaten sicherzustellen.
Wir fordern daher:
– ein Gesamtkonzept für die öffentliche Unterbringung in Hamburg, mit dem Ziel kleinerer, Integration fördernder Wohneinheiten gleichmäßig verteilt über das gesamte Stadtgebiet.
– einen Verteilerschlüssel für Hamburg, der Einwohnerzahl und Sozialstruktur der Bezirke und insbesondere die Sozialdaten der einzelnen Stadtteile und Sozialräume berücksichtigt.
– Sowohl für die Nachbarschaft als auch für die Flüchtlinge gibt es einen örtlichen Ansprechpartner in Sicherheitsfragen im Falle von Konflikten. Ein solcher Präsenzdienst hat Tag und Nacht durchgehend erreichbar zu sein.
– Im Hinblick auf die medizinische Versorgung der Flüchtlinge alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten für ein ärztliches Tätigwerden vor Ort auszuschöpfen. So ist zu prüfen, inwieweit der grundsätzlich für Gesundheitsprävention zuständige Öffentliche Gesundheitsdienst ausnahmsweise ärztliches Personal für die Versorgung der Flüchtlinge im Rahmen eines Sonderrechts oder aufgrund des Hamburgischen Gesundheitsdienstgesetzes bereitstellen könnte. Gegebenenfalls sind Gesetzesänderungen durchzuführen, die es der Verwaltung erlauben, in dieser Sondersituation angestellte Ärzte vor Ort zu beschäftigen.
– Es werden alle Möglichkeiten ausgeschöpft, mit einer Größenordnung von maximal 1500 Plätzen auszukommen.
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